Chancen für die Alpwirtschaft

70 Prozent der Urner Kantonsfläche, 754 km2 Land, gehören der Korporation Uri. Ihr Grundeigentum besteht jedoch zu grossen Teilen aus Wäldern, Bergen und Glet­schern, Bächen und Seen, 150 km2 können als Alpen genutzt werden. Sie haben bis heute eine wichtige Bedeutung für die Urner Landwirtschaft. Während in den Talbetrieben die Heuernte eingebracht wird, sind Kühe, Rinder und Schafe im Sommer auf den Alpen. Im unteren Kantonsteil (von Seelisberg bis Erstfeld) werden die Alpen von Familien bewirtschaftet. Im oberen Kantonsteil (ab Silenen bis ins Urserntal) geben die Bauern ihr Vieh auf Genossenschaftsalpen.

Die Alpweiden gehören der Korporation Uri, die Hütten und Ställe sind privat. Wer Tiere auf eine Alp auftreiben will, muss im Unter- und Oberstafel eine Hütte besitzen (Hüttenrecht). Pro Hütte kann eine fixe Anzahl Tiere gealpt werden. Weil im 19., 20. Jahrhundert sehr viele Korporationsbürger von ihrem Alprecht Gebrauch machten, entstanden auf vielen Urner Alpen, wie dem Urnerboden oder der Sittlisalp «Alpdörfer» mit zahlreichen Hütten und Ställen. Die Zahl der aufgetriebenen Tiere pro Hütte war entsprechend klein. Bis heute richtet sich die Gesamtzahl der Tiere einer Alp nach der vorhandenen Futtermenge.

 

Strukturwandel verändert die Alpwirtschaft

Seit den 1950er-Jahren ist die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe rückläufig. Das hat auch Auswirkungen auf die Alpen. Familien, die nicht mehr z'Alp gehen, verlieren ihr Auftriebsrecht und müssen ihre Hüttenrechte veräussern. Dadurch können die übrigen Älpler ihre Betriebe durch Zukauf von Hüttenrechten erweitern und mehr Kühe auftreiben. Die nicht mehr alpwirtschaftlich genutzten Gebäude werden in der Regel zu Ferienhäusern, falls dies im Rahmen des Raumplanungsgesetzes möglich ist.

Oft hält die Alpnutzung den heutigen Verhältnissen, die von der nationalen Landwirtschaftspolitik und dem Strukturwandel geprägt sind, nicht mehr stand. Darum erliess die Korporation Uri am 30. September 2016 die Verordnung über das Alpkonzept. Mit der Verordnung werden verschiedene Ziele verfolgt. Unter anderem will der Engere Rat der Korporation Uri auf den Alpen grössere Betriebseinheiten schaffen, bei Betriebsaufgaben die rationelle Nutzung der Alp fördern sowie bereits Nutzungsberechtigte privilegieren. Mit Investitionen für den Bau von Hütten, Ställen und Käsereien oder Alperschliessungen fördert die Korporation Uri auch eine zukunftsgerichtete Alpwirtschaft.

 

Ein Stauseeprojekt als Auslöser für ein Alpkonzept

Die Alp Wängi liegt im oberen, lang gezogenen Teil des Hüritals zwischen 1400 und 1500 m ü. M. Einen halben Kilometer hinter dem Weiler Liplisbüel befindet sich die Grenze zwischen Schwyz und Uri. Der Oberstafel Chinzertal-Bödmer 1800 bis 2000 m ü. M., befindet sich unweit des Kinzigpasses. Als im Juli 2011 das Elektrizitätswerk des Bezirks Schwyz auf der Urner Alp Wängi Sondierbohrungen für einen geplanten Stausee durchführte, war die Verunsicherung bei den betroffenen Älplern gross. Bestes Weidland sollte geflutet werden. Das Stauseeprojekt scheiterte an den Baukosten und der Rentabilität. Die Diskussionen um den Stausee setzten aber auch einen Prozess um die zukünftige Nutzung der Alp in Gang. Am 11. April 2014 gab die Korporation dem Büro Alpe den Auftrag für die Alp Wängi-Chinzertal-Bödmer ein Alpkonzept auszuarbeiten.

 

Erfolgreiches Alpkonzept

«2014 gingen von den ehemals sechs Bewirtschafter, nur noch vier z Alp», sagt Cornel Werder vom Büro Alpe. «Zwei Hütten und Ställe standen leer. Treibrechte wurden verpachtet, so dass ein Bewirtschafter mehr Tiere auftreiben konnte. Das gab zu reden. Ein Alpkonzept war jetzt dringend. Beim Alpkonzept ging es darum, die Rechte aufzuteilen, die momentanen Infrastrukturen zu analysieren und deren zukünftige Nutzung festzulegen. Welche Gebäude sollen noch alpwirtschaftlich genutzt werden? Müssen Gebäude zurückgebaut werden? Braucht es neue Alpgebäude?» Ebenfalls wurde das Weidland auf dem Unterstafel Wängi, wie auch auf den Oberstäfeln Chinzertal und Bödmer aufgeteilt. Weiden, die vorher grösstenteils gemeinschaftlich beweidet wurden. Neu haben alle vier Alpbetriebe gleichwertige Alpflächen und jeder kann 30 Kühe auftreiben. Davon verspricht sich die Korporation mehr Sorge zum Weidland: jeder Betrieb hat zur Ertragssteigerung ein fundamentales Interesse die Weiden im Frühling von Steinen zu säubern oder Unkraut und Erlen zu bekämpfen. Die Weidunterteilung hat weitere Vorteile. So kann jeder Betrieb zum Beispiel eigenständig entscheiden, wann er mit seinem Vieh vom Unterstafel auf den Oberstafel zügeln will. Sogar der Zeitpunkt der Alpfahrt kann jede Älplerfamilie selber bestimmen.

 

Weideunterteilung heisst faire Futterteilung

«Im Prinzip ist der Vorgang beim Prozess der Weideunterteilung immer der gleiche», erklärt Cornel Werder. «Zuerst werden die Weiden begangen, nach Futterertrag kartiert und die Topographie beurteilt. Zudem steht eine rationelle Weidebewirtschaftung im Zentrum. Diese exakte Analyse ist erforderlich, damit die Aufteilung fair ist. Es geht im Prinzip darum, das Futter unter den Bewirtschaftern zu teilen.» Nach der Aufnahme der Weidegebiete in Zusammenarbeit mit dem Allmendaufseher Josef Schuler und dem Weidchef der Korporation Uri, legte das Büro Alpe die Pläne vor. Diese wurden zuerst mit den Älplern besprochen. Da gab es auch Spannungen und unterschiedliche Meinungen, die ausdiskutiert wurden. «Aus diesen Vorschlägen und Ideen entwickelten wir die Weidaufteilung», sagt Werder. Dieser Prozess dauerte drei Jahre.

 Als alle Pläne genehmigt waren, haben Cornel Werder und der Allmendaufseher Josef Schuler mit Spray und Hagstössen die Weiden verpflockt. Die Weidaufteilung ist zurzeit in der Versuchsphase. Sie dauert fünf Jahre.

Für den Älpler Kari Riedi, brachte das Alpkonzept nur Vorteile: «Jeder konnte seine Treibung erhöhen. Vor allem im Gebiet Chinzertal sind heute weniger Tiere, weil zwei Älplerfamilien bereits auf den obersten Stafel ziehen. Die Tiere sind ruhiger, der Milchertrag ist gestiegen. Es gibt bei diesem Alpkonzept nur Gewinner.»

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Der Urner Wald leidet

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