Es geht aufwärts im Safiental

Vier Dörfer – eine Gemeinde

Die vier Gemeinden des Safientals Valendas, Versam, Tenna und Safien beschlossen am 25. November 2011 die Fusion zur Gemeinde Safiental. Das bestehende Flur- und Weidegesetz (Nutzung der Alpen, Alpungsrechte und Allmenden/Verpachtung der Güter) bildete einen integralen Bestandteil des Fusionsvertrages. Seit dem 1. Januar 2013 ist das Safiental eine Gemeinde, der Standort der Verwal-tung befindet sich in Safien-Platz. Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit gab es schon vor dem Zusammenschluss der vier Gemeinden, die Probleme sind geblieben: Es gibt zu wenig Arbeitsplätze ausserhalb der Landwirtschaft, die Schulen und das weit-verzweigte Strassennetz belasten das Budget. Die Zahlungen des interkommunalen Finanzausgleichs und die Einnahmen aus den Was-serzinsen der Kraftwerke Zervreila AG sind existentiell.

 

Vorbildliche Talentwicklung

Im Gemeindegebiet von 15'142 Hektaren leben 911 Menschen (Stand 30.11.2014). «Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner ist stabil. Im vorderen Talgebiet um Tenna, Versam und Valendas ist sie leicht steigend, im hinteren Teil des Tales verzeichnen wir leider noch immer Abwanderung», sagt Heini Kehl, Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung Safiental. «Trotzdem sind wir zuversichtlich. Immer mehr Menschen suchen die Ruhe und Abgeschiedenheit unseres Tales, manche in den Ferien, andere auch dauerhaft, indem sie ein Haus kaufen oder bauen.» Zum Beispiel in Valendas. Das Dorf glänzt mit einem Dorfbild von nationaler Bedeutung. In den letzten zehn Jahren wurden durch renommierte Architekten zahlreiche Patrizierhäuser sorgfältig renoviert, einige Neubauten fügen sich harmonisch ins Dorfbild ein.

Im hochgelegenen Weiler Camana, südlich von Safien-Platz, stehen zahlreiche, sonnenverbrannten Walser Ställe. Das steile Gelände, die grossen Höhendifferenzen und die fehlenden Fahrwege zwangen einst die Bauernfamilien die Transportwege für das Einbringen des Heus möglichst gering zu halten. Sie bauten deshalb auf jeder Wiese einen Heustall. Seit den 1950er-Jahren stehen viele dieser Ställe leer und drohen zu verfallen. Für die Erhaltung der Ställe und der Kulturlandschaft im Safiental setzt sich der Verein «Safier Ställe» ein.

Die Region Safiental mit den Orten Safien, Tenna, Versam und Valendas als Ganzes ökologisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich nachhaltig zu fördern und zu sichern ist das Ziel des Vereins Pro Safiental, das schon zahlreiche Projekte anstiess, wie Aussichts-plattformen auf die Rheinschlucht, den Walser Weitwanderweg durchs Safiental oder den ersten Solarskilift der Welt in Tenna.

 

Vereine sind das Bindeglied im Tal

Martin Gander, junger Bauer von Camana, bewirtschaftet mit seinen Eltern und dem Bruder einen 40 ha grossen Bauernhof mit 13 bis 14 Milch-kühen, 18 Stück Jungvieh (pro Jahrgang) Die Milch vertränkt er im Winter den Aufzuchtrindern und Maststieren. Im Sommer sind die Kühe und Rinder auf der Alp. «Für die Landwirtschaft sieht es gut aus», sagt Martin Gander. «Fast auf jedem Betrieb hat es Junge, die nachkommen oder den Betrieb schon übernommen haben.» Sie sind offen für Neues, kennen sich von der Schulzeit und sind über die Vereine miteinander verbunden. Das Dorfleben mit 31 Vereinen ist sehr lebendig, viele Safierinnen und Safier sind gleich in mehreren Vereinen aktiv. Martin Gander spielt in der Brassband «Alpenrösli» ist im Chilbiteam, Helfer beim Openair Safiental, spielt Unihockey und ist in der Feuerwehr. Die ist obligatorisch.

 

Die Meliorationen haben viel gebracht

Initiativ ist auch die Mutter von Martin, Julia Gander. Sie hilft ihrem Sohn auf dem Betrieb, schaut zu ihren Ziegen, kümmert sich um die Gäste ihrer Ferienwohnung, in einem umgebauten Walser-Stall, und leitet jeweils Mittwochabend das Turnen für Frauen. «Als junge Bäuerin habe ich noch das Heu zum Teil in Heutücher gepackt und auf den Transporter geladen», erinnert sich Julia Gander. Mit ihrem Mann bewirtschaftete sie bis Ende der 1990er-Jahre viele kleinen Parzellen. Oft musste das Gras mit der Sense geschnitten werden, weil sich der Einsatz von Maschinen nicht lohnte oder weil die Älteren es immer so gemacht hatten.

«Die Melioration Camana war ein wichtiger Prozess», sagt Julia Gander. „Sie dauerte 25 Jahre und wäre ohne Unterstützung von Bund und Kanton nicht zu bewältigen gewesen. Güter wurden zusammengelegt, Parzellen vergrössert, Zufahrtsstrassen gebaut. Und die Bauernfamilien bauten grosse, zentrale Ställe.»

Im Tal sind derzeit fünf Meliorationen abgeschlossen, drei weitere sind in Bearbeitung, eminent wichtig für die 75 Bergbauernbetriebe, denn 50 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft. «Dank der Melioration können die Jungen heute grössere Flächen rationell bewirtschaften und mit der heutigen Zeit Schritt halten», so Julia Gander. «Die jungen Safierinnen und Safier bilden sich aus-wärts und kommen mit neuen Ideen ins Tal zurück. Damit bleibt das Tal lebendig und wird kein Museum.»

 

Menschen bringen das Tal vorwärts

Vor zwei Jahren eröffnete der neu umgebaute Dorfladen in Safien-Platz, die Genossenschaftsmetzgerei beschäftigt zwei Angestellte und einen Lehrling. Das Fleisch können die Bauern nun selber vermarkten. Safier Frauen verkaufen ihre Produkte auf dem Markt in Ilanz. Einige Betriebe bieten Übernachtungsmöglichkeiten an oder führen eine Besenbeiz. Zwei Werkstätten für Landmaschinen, eine in Valendas, eine in Safien-Platz, ein Transportunternehmen, das renommierte Hotel Alpenblick in Tenna oder das Sterne-Gasthaus «Zum Brunnen» in Valendas bieten Arbeits-plätze ausserhalb der Landwirtschaft. Mit den Angeboten des (Agro)Tourismus, den zahlreichen Kulturdenkmälern und der Zusammenarbeit mit dem Naturpark Beverin eröffnen sich Chancen für einen sanften Tourismus. Die Stille und Ursprünglichkeit des Tales ist gesucht.

Eine bedeutende Rolle für die Talentwicklung spielen junge Frauen, beispielsweise die Lehrerin aus Zürich, die Floristin aus der Innerschweiz oder die Pflegefachfrau aus St. Gallen. Sie haben einheimische Bauern geheiratet, sind integriert und bringen frische Ideen.

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