FURKA Kunst auf dem Pass
Das Haus für Kunst Uri in Altdorf zeigt vom 16. März bis 26. Mai eine Ausstellung zum Kunstprojekt Furk'Art. Text von Thomas Bolli.
Das imposante Hotel Furkablick zeugt von der Begeisterung, mit welcher die Reisenden am Ende des 19. Jahrhunderts die wilde Landschaft auf gut 2400 m ü. M. besetzten. 100 Jahre später erlebte das Haus eine neue Blüte. Der Neuenburger Galerist Marc Hostettler initiierte ein Kulturlaboratorium, das er ab 1983 auf dem Pass betrieb. Das Projekt überzeugte unter dem Namen Furk’art die Kunstinteressierten weltweit.
Über 60 eingeladene Kunstschaffende haben in den folgenden Jahren auf dem Pass gearbeitet. Sie liessen sich auf den Durchgangsort ein und schufen Einzigartiges: Landart in den Bergen, Konzeptkunst, Performances im Hotel oder in der Passlandschaft, minimalistische Bilder, Videoarbeiten, Installationen, urbane Architektur. Die Furka wurde zum Kultur- und Kultort.
Zahlreiche Arbeiten in der Landschaft sind bis heute frei zugänglich. Leicht zu finden sind sie aber nicht, denn es gab und gibt weder Wegweiser noch Erklärschilder – beispielsweise bilden vier glatte Steinquader von Max Bill namenlos einen Feuerplatz auf der Passhöhe. Gar nicht zu sehen sind viele andere Werke. Sie lagern im Hotel Furkablick und in den Nebengebäuden. Sie werden vom Institut Furkablick im Auftrag der Alfred Richterich-Stiftung zurückhaltend konserviert und in ihrer Gesamtheit bewahrt. Das Haus für Kunst Uri (HfK Uri) zeigt erstmals die Kernstücke dieses verborgenen Kosmos.
Begonnen hatte das Projekt Furk’art 1983 mit der Performance «A Drop of Black Perfume» des Amerikaners James Lee Byars.
Der Künstler, golden gewandet und mit schwarzem Hut, tropfte auf der Furka etwas Parfüm auf einen Felsbrocken. Der Geruch verflüchtigte sich, aber die zarte Geste heiligte den rauen Ort. Die Performance stand in Zusammenhang mit einer Ausstellung von James Lee Byars in Marc Hostettlers Galerie Media in Neuenburg. Erst ein Jahr später wurde das Hotel Furkablick Teil des avantgardistischen Projekts. In einem Film wurde die Performance dokumentiert. Er ist in der Ausstellung zu sehen.
In einem Text von 1984, mit Schreibmaschine auf A4-Papier gebracht, heisst es wörtlich: «Die besondere Situation und der Erfolg des letztjährigen Anlasses (50 Personen waren anwesend) haben Marc Hostettler dazu bewogen, hier regelmässig Veranstaltungen stattfinden zu lassen, bei denen eingeladene Künstler sich mit dem Ort auseinandersetzen können.» Furk’art war lanciert und entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem europäisch wegweisenden Kunstprojekt mit internationaler Beteiligung und Ausstrahlung.
Furk’art aber blieb stets ein diskretes und unaufdringliches Projekt. Die Gäste in Restaurant und Hotel bekamen davon kaum etwas mit – ausser sie hatten ein Gespür für die besondere Atmosphäre und Augen für die künstlerischen Details, die fast überall im Haus anzutreffen waren. Es zeichnete Furk’art aus, dass sich das Projekt jeder Kommerzialisierung und raschem Kunstkonsum entzog. Das ist auf der Furka bis heute so geblieben. Dabei ist die Passzone mit dem unterdessen für Gäste geschlossenen Hotel Furkablick, dem Restaurant, den Nebengebäuden und den vielen über die Jahre hinweg entstandenen Kunstwerken selber zum Kunstwerk geworden.