Lebensnerv der Familie Eberli
Spannender Schulweg
Auf dem Heimen Oberbärchi im Isental, freuen sich Jonas, David, Marco und Carmen auf neuen Schnee: «Jetzt können wir wieder mit dem Schlitten zur Schule!» Doch zuerst geht’s mit der offenen Seilbahn talwärts. Früh morgens steigen die Kinder mit ihren Schultheken zu viert in das Holzkistchen. Jonas hängt das Absperrgitter ein, es gibt keine Türen, keine geschlossene Kabine. Im Winter ist es kalt und es zieht. Die Kinder, dick eingepackt in Jacken, Kappen und Handschuhen, legen Decken über ihre Beine, rücken zusammen. Heidi Eberli startet den Motor und der Keilrie-men setzt die grossen eisernen Umlenkräder in Bewegung. Schnell entschwindet das Kistchen in der Dunkelheit und gleitet über den Masten.«Wir haben den Kindern eingetrichtert, dass sie in der Bahn nicht streiten oder hin und her schaukeln dürfen», sagt Heidi Eberli, derweil sie die Anzeige beobachtet. Die Anlage ist rein mechanisch, es gibt keine elektronische Steuerung. Eine Sichtverbindung zur Talstation gibt es nicht. Langsam be-wegt sich ein Zeiger über einer kleinen Holzscheibe. Verschiedene Beschriftungen und Markierungen zeigen, wo sich die Bahn zur Zeit befindet. Talstation, Stütze, Bergstation steht da. Nähert sich die Scheibe dem roten Strich, betätigt Heidi Eberli den grossen Bremshebel. Die Talstation ist erreicht, die Bahn hält an. Die Kinder steigen aus, sitzen auf ihre Schlitten und sausen auf der Strasse ins Dorf. Eine halbe Stunde dauert ihr Schulweg.
Alles Lebensnotwendige kommt mit der Bahn
2010 haben Thomas und Heidi Eberli das Heimet Bärchi erworben. Vor drei Jahren haben sie das alte Haus abgerissen und an derselben Stelle ein modernes, grösseres Haus gebaut. Die Niederberger-Seilbahn, eine einspurige Personenseilbahn mit umlaufendem Zugseil, stammt aus dem Jahr 1979. «Vom Dorf Isenthal bis zur Talstation kann man fahren. Zum Oberbärchi führt keine Strasse, die Seilbahn ist unser einziges Transportmittel», sagt Thomas Eberli. «Im Sommer befördern wir auch Touristen. Dann hilft uns mein Schwiegervater Edy Ziegler beim Seilen, wenn wir am Heuen sind.» Mit der Seilbahn transportiert die Familie Eberli, Esswaren, Futter, Stroh, Tiere, Material, überhaupt alles, was es auf dem 13,5 Hektaren grossen Bergbauernbetrieb zum Leben und Arbeiten braucht. Die Bahn kann mit 300 Kilogramm belastet werden. Bei Föhn fährt die Bahn nicht, bei starkem Schneefall oder Regen kann es in der offenen Seilbahn ungemütlich werden. «Wenn wir als Familie fortgehen, läuft der letzte ins Tal. Er muss die Seilbahn steuern, denn sie kann nur auf der Bergstation bedient werden», sagt Thomas Eberli.
Entlastung für Kleinseilbahnen
2006 wurden mit dem Bundesgesetz über Seilbahnen zur Personenbeförderung die gesetzlichen Anforderungen an die Sicherheit und den Unterhalt der Seilbahnen erhöht. Das wirkte sich besonders bei den Kleinseilbahnen aus, die wegen des geringen Umsatzes und der schmalen Eigenkapitalbasis ohnehin zu kämpfen hatten. Mit einer kantonalen Seilbahnförderstrategie erarbeitete der Kanton Uri ein Finanzierungskonzept für touristische Seilbahnen. Neben den touristischen Bahnen werden landwirtschaftliche Kleinbahnen seit 2015 bei den periodischen Wieder-instandstellungen (PWI) vom Kanton, dem Bund (Verordnung über die Strukturverbesserungen in der Landwirtschaft) und der Korporation Uri unterstützt. Dazu gehören beispielsweise der Ersatz von Seilen oder Rollenbatterien. Der Kanton Uri, welcher als erster Kanton diese PWI-Mass-nahmen subventionierte, hat bereits an 21 Kleinseilbahnen Beiträge ausbezahlt oder zugesichert. Ausgenommen von den PWI ist die jährliche Sicherheitsinspektion durch die Kontrollstelle des Interkantonalen Konkordats für Seilbahnen und Skilifte IKSS: Sie ist nach wie vor Sache der Bahneigentümer. «Mit den Einnahmen aus dem Personentransport können wir gerade die Kosten für den Techniker decken», sagt Thomas Eberli.