Chlefeli und Heiliges Grab
Spätestens um 1850 waren die Chlefeli im Kanton Schwyz als Fasteninstrument bekannt. Die Stiftskirche Beromünster zeigt mit dem «Heiligen Grab» die Ostergeschichte als barockes Schauspiel. Vom Karfreitag bis Karsamstag schweigen in katholischen Kirchen die Glocken und im Kanton Uri spielen die Karfreitagseier eine magische Rolle.
Im Mittelalter mussten Pestkranke, die ausserhalb der Dörfer wohnten, ihre Kommen durch das Schlagen auf zwei Holzbrettchen ankündigen. An die «Siechenhölzer» erinnert das Chlefelen in der Fastenzeit. Das rhythmische Klappern wird mit zwei Holzbrettchen erzeugt: Ein Chlefeli wird zwischen Zeigefinger und Mittelfinger geklemmt und mit dem Daumen fixiert. Das zweite Chlefeli wird locker zwischen Mittel- und Ringfinger gehalten. Durch die Drehbewegung der Hand werden die beiden Holzbrettchen gegeneinander geschlagen. Gespielt wird meistens mit beiden Händen. http://www.chlefele-schwyz.ch/index.php/chlefelen (Tonbeispiel)
Priis-Chlefele in Muotathal
«1985 gab es ein grosses Chlefeli-Revival im Thal», erinnert sich Bernhard Betschart, Musiker und Naturjuuzer von «Natur pur». «Der Primarlehrer Alois Föhn, ds Chrummä Wisel, gab Chlefeli-Kurse an der Schule. Die waren obligatorisch. Wer sich weigerte, musste stundenlang Aufsätze schreiben. Die Chlefäli haben wir vorne geschwärzt, dadurch wurde das Holz härter und die Chlefeli tönten lauter.»
Eine Woche vor Karsamstag geben 31 Mädchen und Buben in der Aula des Bezirksschulhauses Stumpenmatt ihr Bestes. Die Vorträge, einzeln und in Gruppen, erfordern viel Mut und höchste Konzentration. Mit einem Lächeln im Gesicht chlefelten selbst die Kleinsten virtuos die bekannten Stücke «D’ Mülleri het, sie het» oder den «Ordonanzmarsch». Die Jury bewertete Gesamteindruck, Pause, Tempo, Haltung und Technik, erstellte die Rangliste und für jedes Kind ein Teilnahme-Zertifikat. Lärmpegel und Spannung stiegen bei der Rangverkündigung und der Preisübergabe. Namentlich aufgerufen, kam jedes Kind mit leuchtenden Augen auf die Bühne.
Der 39-jährige Heinz Imhof, renommierter Heavy-Metal-Schlagzeuger und seit acht Jahren Jury-Mitglied beim Muotathaler-Priis-Chlefele, erinnert sich: «Das Chlefele habe ich von meinem Vater abgeschaut und er hat es vom Grossvater gelernt. Chlefeli-Kurse gabs vor 30 Jahren noch nicht. Auf dem Pausenplatz und beim Priis-Chlefele wurde verbissen darum gekämpft der Beste zu sein. Selbst nach dem Priis-Chlefele haben wir monatelang ehrgeizig weitergeübt, bloss weil einige Konkurrenten ein paar Wirbel drauf hatten, die man noch nicht kannte.»
Heiliges Grab, Karfreitagsrätsche
Die Barokzeit verstand die Liturgie als ein «theatrum sacrum», ein heiliges Schauspiel. Die Verehrung des Heiligen Grabes geht auf die Kreuzzüge im 11. bis 13. Jahrhundert zurück. In Beromünster ist von Palmsonntag bis Karfreitag in der Stiftskirche das Heilige Grab zu bestaunen. Die 8 Meter hohe Kulissenmalerei, von Josef Ignaz Weiss 1741 geschaffen, beansprucht die ganze Breite des Mittelschiffs. Weil im 18. Jahrhundert viele Menschen nicht lesen konnten, war es Aufgabe des Künstlers, den Gläubigen das Leiden und Sterben des Herrn als Bildergeschichte vor Augen zu führen.
Der Brauch des Rätschens stammt von der Trauermette, dem allabendlichen Chorgebet der Mönche in der Karwoche, wo am Schluss mit Holzklappern das Erdbeben beim Tod Christi dargestellt wurde. «Die Glocken sind nach Rom geflogen», sagte man den Kindern, wenn sie am Karfreitag bis zur Auferstehungsfeier am Karsamstag verstummten. Statt der Glocken rattern von katholischen Kirchtürmen die Rätschen. Das Instrument, ganz aus Holz gebaut, wird von Hand über eine Kurbel angetrieben, dabei schlagen mehrere Hämmer in schneller Kadenz auf den Resonanzkörper und erzeugen ein ohrenbetäubendes Geknatter.
Magische Volksfrömmigkeit
Am Palmsonntag verbrennt man das letztjährige Siebnerlei (Palme) und legt die Asche auf die Seite. Bei Gewittern wirft man Reste ins Feuer oder streut die Asche ins Freie.
Karfreitagskindern, wie auch Kinder, die an Fronfastentagen geboren wurden, sagt man, dass sie die besondere Gabe des zweiten Gesichts haben, d. h. sie würden Unglücke und Todesfälle voraussehen. Ebenso sollen sie Gespenster und Schätze sehen. Die am Karfreitag gelegten Eier behandelt man wie etwas Geweihtes oder Sakramentales. Sie werden im Haus aufbewahrt und bei Gewittern vor das Haus oder in die Dachtraufe gelegt. Sie schützen vor Hagel und Feuer. Geht an einem Hang ein Erdrutsch nieder, so trägt man die Erde wieder hinauf und vergräbt an dieser Stelle ein Karfreitagsei. Es verhindert ein weiteres Abrutschen. Heu, das am Karfreitag geschrotet wird, legt man am Karfreitag an einen geschützten Platz, zum Beispiel unter das Vordach des Stalls. Man gibt es den Tieren gegen Blähungen, bevor sie im Frühling das erste Mal auf die Weide gelassen werden.
Ein Holzscheit, entzündet am Osterfeuer, soll magische Wirkungen haben. In Uri zeichnen Bauern vor dem Alpauftrieb jeder Kuh mit dem Osterscheit ein Kreuzchen auf den Rücken. Es soll die Tiere vor dem Blitz schützen.