Ich beschwöre dich

«Im Namen unseres Herrn Jesus Christus, beschwöre ich Dich, Satan, dass du an diesem Ort weder durch Überschwemmungen, noch Hagel oder Sturm, mir und meinem Vieh schadest. Der Hirt Hans Indergand.»

 

Magische Praktiken in Uri

Magische Praktiken überlagern und durchdringen im Kanton Uri den katholischen Glauben. Das überrascht nicht. Das Christentum ist relativ jung. Die Alemannen, die um 500 n. Chr. in die Schweiz einwanderten wurden erst vor 1500 Jahren christianisiert. Tief verwurzelt ist der germanische Naturglaube, wie die Verehrung von Quellen und Bäumen. Von unzähligen Heilige wird anstelle der antiken Götter Beistand und Hilfe erbeten. Jahrtausende zurück reicht die Anbetung der Muttergöttin, die in der Verehrung von Maria ihre Fortsetzung fand. Noch viel älter sind die magischen Banngesten und Rituale.

Die ersten Steinzeitmenschen waren Jäger und Sammler. Sie entwickelten Rituale, versuchten im Lauf der Sonne, in Sternbildern und in Mondphasen das Universum zu deuten und in Mythen die Entstehung der Welt zu erklären. Tiere wurden verehrt und im Jagdbann beschwört.

Für die ersten Ackerbauern waren Tiere, Wasser, Erde, Pflanzen beseelt. Naturkräfte, alles was Leben spendet, galt als heilig. Die Hochkulturen Ägyptens, Griechenlands und Roms gaben diesen Naturkräften Namen, verehrten sie als menschenähnliche Göttinnen und Götter, bauten erste Tempel. Abgelöst wurden die polytheistischen Religionen durch den Glauben an einen einzigen, allmächtigen Gott. Zauber, Magie und Naturglauben, die in die Ursprünge der Menschheit zurückreichen, gingen damit nicht unter. Sie leben in der Volksfrömmigkeit weiter.

 

Magie Tier- und Opferkult 40 000 v. Chr.

Am 12. September 1940 entdecken vier Jugendliche die Höhle von Lascaux im Departement Dordogne, Frankreich. Der Fund war eine Sensation: Die Bilder der unterirdischen Kultsäle sind 17’000 Jahre alt, aus der letzten Eiszeit. Die Malereien stammen von Jägern und Sammlern aus der Steinzeit. Mit knapp zweitausend Zeichnungen und Zeichen ist Lascaux die bilderreichste Höhle der Welt. 915 Tierdarstellungen zeigen Wollhaarnashörner, Mammuts, Wildpferde, Rentiere, Auerochsen, Riesenhirsche oder Höhlenbären. Die Künstler haben mit wenigen Erdtönen (Schwarz, Braun, Mauve, Rot und Gelb) und in unerreichter Meisterschaft diverse Techniken kombiniert – Gravur, Zeichnung, Malerei, Stempel- und Sprühtechnik. So künstlerisch wertvoll die einzigartigen Tierdarstellungen sind, dienen sie in erster Linie der Beschwörung des Jagdglücks durch Bildmagie. In einer Höhle in Spanien weisen einzelne Tierbilder Einschuss- oder Einstichstellen auf. Sie werden als Analogiezauber gedeutet. Der Jäger, der mit seinem Pfeil ein gemaltes Tier trifft, wird ein lebendiges Tier töten. In der Grotte Trois-Frères finden sich Hinweise auf steinzeitliche Rituale und Tänze: Der «Grosse Zauberer», halb Mensch, halb Tier, wird als Schamane gedeutet: Meister der Ekstase, Mittler zwischen der Welt der Menschen, Tiere, Pflanzen und der Geister.

 

Animismus und Fruchtbarkeitssymbolik 13000 v. Chr.

Nach dem Ende der letzten Eiszeit, werden im Zweistromland Mesopotamien (Vorderasien) Jäger und Sammler zu Ackerbauern und Viehhaltern. Die Menschen der Jungsteinzeit züchten Schafe und Ziegen, kultivieren Wildgetreide, siedeln in Dörfern, werden sesshaft. Sie erfinden das Rad und den Wagen, sowie Hacke, Sichel, Axt und den Pflug für die Feldarbeit. Die Ernte wird in Tongefässen gelagert. Verehrt wird, was Nahrung und Leben spendet. Sonne, Mond und Sterne, Tiere, Pflanzen, Quellen und Berge sind nach den Vorstel-lungen der Menschen der Jungsteinzeit beseelt, ebenso unerklärliche Naturereignisse wie Blitz, Donner oder Erdbeben. Der Mensch ist umgeben von einer Vielzahl von Seelen. Besonders Bäume, die Mensch und Tier überleben, werden wegen ihres hohen Alters zum Sinnbild des Lebens und der Fruchtbarkeit. Ackerbauern fertigen darum auch Idole, kleine Frauen-Skulpturen aus Stein oder Ton, mit nur angedeuteten Gesichtern, aber ausgeprägten Geschlechtsmerkmalen. Sie bezeugen den Fruchtbarkeitskult ebenso wie die Verehrung des Stiers. Die Göttin und der Stier sind die wichtigsten Symbole für das Göttliche in der Jungsteinzeit. Daraus entstehen die ersten grossen Religionen des Vorderen Orients und der Mittelmeerwelt.

 

Personifizierung des Göttlichen 3000 v. Chr.

In Ägypten entstehen sich aus dem Glauben der Allbeseeltheit der Natur die Naturgottheiten. Dinge jeglicher Form, kosmische Mächte, Tiere, Pflanzen, Steine, der Nil, das Meer und Begriffe wie Zauber und Nahrung können Gott sein. Man zählt 753 Gottheiten. Oberste Gottheit ist die Sonne, die Pharaonen nennen sich Sohn der Sonne.

Aus den Naturgottheiten entwickeln Ägypter, Griechen, Römer und Germanen Götterwesen in menschlicher Gestalt und mit menschlichen Eigenschaften. Bei den Griechen wird die Götterwelt zum Spiegelbild der menschlichen Gesellschaft. An der Spitze stehen die auf dem Olymp wohnenden zwölf Götter mit dem Hauptgott Zeus. Sie sind den Menschen nachgezeichnet, aber mächtig und vor allem unsterblich.

Besonders reich sind die Feste im Jahreslauf, beispielsweise in Athen das Fest zu Ehren der Stadtgöttin Athene, und die Mysterienkulte, wie die Musik- und Tanzekstasen im Dionysos-Kult. Sie enthalten viel Bodenständiges an altüberlieferten Kultbräuchen wie Lied, Musik und Tanz, schauspielerische Darstellungen und Umzüge, Mimik und Maskierungen.

Allgemeine Merkmale der Mysterienkulte sind der sterbende und auferstehende Gott, der Mutterkult, die Wiedergeburt und die Unsterblichkeit.

 

Vom Vielgötter- zum Eingottglauben – das Christentum

Den entscheidenden Anstoss zur gewaltigen Entwicklung des Christentums gibt Jesus von Nazareth. Er ist keine mythische Gestalt, sondern eine geschichtliche Persönlichkeit, die tatsächlich und noch bis vor kurzem auf der Erde gelebt hatte. Die Christen, die den römischen Kaiserkult ablehnen werden systematisch verfolgt und hingerichtet. Zahlreiche Märtyrer tragen jedoch durch ihr Bekenntnis und den Zeugentod wesentlich zur Ausbreitung des Christentums bei.

Mit der Verbreitung des Christentums werden Heidnische Tempel in christliche Kirchen verwandelt. Zahlreiche Vorstellungen und Bräuche heidnischer Volksfrömmigkeit finden Eingang in die christliche Kirche. Zum Beispiel die Salbungen und Abschwörungen aus dem Mysterienkult. Weihrauch, zunächst verpönt als «Speise der Dämonen», wird ein wichtiges Element in der christlichen Liturgie, ebenso die Prozession, ursprünglich Teil heidnischer Kulte. Auch der in der Antike verbreitete Reliquienkult findet mit der Märtyrer-verehrung eine ausgedehnte Verbreitung in der christlichen Kirche. Märtyrergräber werden zu Pilgerstätten. Christliche Märtyrerinnen und Märtyrer werden zu Nachfolgern heidnischer Gottheiten.

Tief verwurzelt ist die Verehrung antiker Muttergottheiten: Bilder einer thronenden und stillenden Muttergöttin mit dem Kinde – ob Isis, Artemis oder Demeter usw. – zählen zu den ältesten Idolen der Menschheit und sind vermutlich Vorbild für die Darstellung der Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind in der christlichen Kunst. In der Volksfrömmigkeit und in der

Liturgie nehmen Maria und die Heiligen einen breiten Raum ein.

 

Einwanderung und Christianisierung der Alemannen in die Schweiz 500 n. Chr.

Die Alemannen wandern um 500 n. Chr. in das Gebiet der heutigen Schweiz ein. Der Kultus besteht aus Fruchtbarkeitsriten, Zauberei und Verehrung heiliger Objekte. Die Göttergestalten sind zahlreich. Orakel und Wahrsagerei blühen. Kultstätten sind Tempel, aber auch heilige Hügel und Berge, auf denen Opfer dargebracht werden. Im Jahreslauf gibt es zahlreiche Feste, besonders bedeutend sind die kultischen Markierungen der Jahreszeiten: Frühlings-, Mittsommer- und Mittwinterfeier. Die Verehrung von Steinen, Pflanzen, Tieren und Naturerscheinungen stehen auch hier am Ursprung der religiösen Vorstellungen. Besonders bemerkenswert ist die Baum-verehrung. Der Glaube an die Macht der Seelen, an das Geheimnis des Blutes und des menschlichen Körpers als Lebensträger, ist ebenso lebendig wie die Vorstellung von Geistern und Dämonen.

Bereits ab dem 6. Jahrhundert erfolgt die Missionierung der Alemannen. Zu dem Zweck wird 585 das Bistum Konstanz gegründet. Das Christentum verdrängt nur zum Teil germanische Glaubensvorstellungen. Christliche Frömmigkeit und religiöses Brauchtum erhalten in den Ländern Mittel- und Nordeuropas ein Gepräge, das durch die Züge altgermanischer Religiosität mitbestimmt wird. Beispielsweise durch den gesungenen Zauberspruch oder durch Orakel, wie das Beobachten von Tieren und Naturwesen. Auch die Namen für die Wochentage Dienstag, Donnerstag und Freitag beziehen sich auf die germanische Götterwelt.

 

Das Christentum integriert heidnische Glaubensvorstellungen

Viele mystische Motive wie die Madonnenanbetung sind tief in die katholische Volksfrömmigkeit eingedrungen. Zudem lebt in der Volksfrömmigkeit die magische Religion des keltischen, romanischen und germanischen Heidentums weiter. Im frühen Mittelalter nimmt der Kult der Reliquienverehrung einen breiten Raum ein. Dieser gilt jedoch nicht nur der Heiligenverehrung, sondern auch der in den Reliquien eingeschlossenen Zauberkraft.

Neben der Kontaktmagie erhält, wie bei den vorchristlichen Gottheiten, die Anrufung der Heiligen besondere Bedeutung, wobei der magische Grundsatz der Ähnlichkeit massgebend ist. St. Wendelin wird bei Viehseuchen, St. Ottilia bei Augenleiden angefleht, St. Petrus wird zum Wetterheiligen usw. Entsprechend den antiken Götterbildern werden die Heiligen mit Kuss und Kusshand verehrt – sie haben die rechte Hand erhoben und spenden Segen. Wie in den heidnischen Heiligtümern werden auch in den christlichen Kirchen Votivgaben aufgehängt, und zwar entsprechend den Vorstellungen der Ähnlichkeitsmagie in der Form von Nachbildungen der kranken menschlichen Körperteile. Naturheiligtümer, Quellen und Bäume werden zu christlichen Marien-Wallfahrtstätten. In Namen wie Maria della Fontana (Tessin), Maria Linden usw. ist der Bezug zum heidnischen Naturkult erkennbar.

Während viele keltisch-germanische Vorstellungen nur in der Volksfrömmigkeit fortleben, finden Riten des antiken Rom in der christliche Liturgie Einzug. Anstelle heidnischer Umzüge mit Götterbildern treten Flurprozessionen mit Heiligenbildern. Anstelle heidnischer Opfermahle tritt die Segnung des Osterlamms. Ausserhalb der Kirche leben viele heidnische Bräuche in profaner Weise weiter, in Weihnachts-, Oster-, Pfingst- und Sommersonnwend-Bräuchen.

Lange gehen kirchliche Praxis und Volksmagie Hand in Hand. Einen wichtigen Platz nimmt die Zauberei ein. Es gibt kaum ein Zauberspruch ohne das «Besprechen» christlicher Namen, der Anrufung der Dreifaltigkeit oder des Erzengels Michael. Träger des Zauberwesens und der Wahrsagerei sind oft Männer und Frauen, die nicht dem hohen Klerus angehören. Ihre Praktiken, die im Widerspruch zu den geltenden theologischen Glaubensgrundsätzen stehen, werden als Gotteslästerung angesehen. Aber nicht jede Zauberei oder Magie widerspricht der geltenden theologischen Lehrmeinung. Magie ist ein Teil des christlichen Weltbilds, Gott wird als oberster Magier gedacht. Sein Gegenspieler ist der Teufel.

 

Ketzerei und Hexenverfolgung

Die Katharer, die «Reinen», gelten als die grösste Laienbewegung des Mittelalters. Sie nennen sich «Freunde Gottes», erachten das Diesseits als schlecht und verdorben, weisen das Materielle zurück und werfen der Kirche Geld- und Warenwirtschaft vor. Die Kirche bezeichnet die Katharer als Ketzer. Sie werden in den Albigenserkreuzzügen zwischen 1209 und 1310 durch die römische Kirche vernichtet, ihre Anhänger werden verbrannt.

Die Erneuerungsbewegung des westlichen Christentums (Reformation) spaltet die Kirche in Lutheraner, Protestanten und Katholiken. Als Folge entwickelt die katholische Kirche eine glorifizierte Frömmigkeit und leitet mit dem Konzil von Trient (1545-63) eine Wende ein.

Alles, was vom Dogma der Kirche abweicht, gilt von nun an als Sünde und als böse. Volksfrömmigkeit wird als Aberglaube, Zauberei und Dämonenwerk taxiert. Wer in Verdacht gerät der berüchtigten Hexensekte anzugehören, bekommt dies am eigenen Leib zu spüren. Hexen werden verdächtigt mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Ihnen wird Schadenzauber vorgeworfen: Schädigung von Mensch und Tier durch Krankheit und Tod; Verbreitung von Seuchen oder das Auslösen von Unwettern. Verdächtige werden denunziert, gefangen genommen, durch Folter zu Geständnissen gezwungen, und meist mit dem Tod bestraft. Gemäss einer groben Schätzung fanden zwischen dem 15. Und 18. Jahrhundert in Westeuropa rund 110'000 Hexenprozesse statt, etwa 10'000 davon im Raum der heutigen Schweiz.

 

Volksfrömmigkeit heute

Der Volkskundler Wolfgang Brückner schreibt: Volksfrömmigkeit lässt sich sowohl positiv wie negativ deuten: Entweder meint der Begriff «echt und unverfälscht» oder theologisch «nicht ganz konform». Ebenso wenig lässt sich das Wort «Aberglaube» fassen. Das mittelhochdeutsche «aber» bedeutet «wider, gegen» und steht in negativer Wertung als verkehrter, abweichender Glaube dem «richtigen» Glauben gegenüber.

Die katholische Kirche hat zum Aberglauben seit jeher ein ambivalentes Verhältnis: Auf der einen Seite wird er als Götzendienst und Dämonenkult klar bekämpft, auf der anderen Seite konnte sich eine von der Kirche geduldete und zum Teil sogar geförderte Volksfrömmigkeit entwickeln, die kirchliche mit abergläubischen, magischen Vorstellungen vermengt. Tief verwurzelt war die Angst vor der Macht des Teufels und der Dämonen, denen man Unglück im Haus und im Stall zuschrieb. In katholischen Gebieten vertrieben die volksnahen Kapuziner mittels Haus-, Hof- und Alpsegnungen teuflische Hexengespenster. Zu Segnungen wurden sie auch heimlich in reformierte Gebiete gerufen.

Tatsache ist, dass die ländliche Bevölkerung permanent einem harten Überlebenskampf ausgesetzt war. Neben dem Kampf gegen die unvorhersehbaren klimatischen Ereignisse, seien es Überschwemmungen, Lawinen oder Unwetter, bestand in der eng begrenzten Schicksalsgemeinschaft die Gefahr der Isolation und zu alledem der Druck des Ringens um die Existenz. Diese nicht vorhersehbaren, unbegreiflichen physischen und psychischen Bedrohungen der persönlichen Existenz riefen nach anderen, über die von der Kirche proklamierten Hilfsmittel wie Gebete, Prozessionen oder Segnungen. Man nahm Zuflucht zur Magie, zur Herbeirufung übernatürlicher Mächte und Kräfte.

 

Magische Praktiken in Uri

Magische Praktiken überlagern und durchdringen im Kanton Uri den katholischen Glauben. Das überrascht nicht. Das Christentum ist relativ jung. Die Alemannen, die um 500 n. Chr. in die Schweiz einwanderten wurden erst vor 1500 Jahren christianisiert. Tief verwurzelt ist der germanische Naturglaube, wie die Verehrung von Quellen und Bäumen. Von unzähligen Heilige wird anstelle der antiken Götter Beistand und Hilfe erbeten. Jahrtausende zurück reicht die Anbetung der Muttergöttin, die in der Verehrung von Maria ihre Fortsetzung fand. Noch viel älter sind die magischen Banngesten und Rituale.

All diese Elemente verbindet die Volksfrömmigkeit zu einer eigenen «Religion». Sie basiert auf altem Wissen und unzähligen Handlungen, die weit über das Gebet hinausreichen. Der Mensch erbittet sich nicht nur Hilfe von oben, er wird in der Volksfrömmigkeit selber aktiv, er handelt. Zahlreiche Hilfsmittel werden eingesetzt, der wichtigste Aspekt ist die Handlung selbst. Ob diese christlich oder magisch ist kümmert wenig. Hauptsache, es nützt.

Gegen Hangrutsche vergräbt man ein Karfreitagsei. Gegen Heimweh isst man ein Stück Agathabrot, gegen den «Bösen Blick» trägt man ein Amuelett, gegen Unheil betet man zu den Armen Seelen, gegen Gewitter hilft das Spritzen von Weihwasser, gegen Lawinen helfen Bittgänge usw. Besonders wirkungsvoll gelten gesegnete Gegenstände, weil sie bereits mit «Zauberkraft» aufgeladen sind.

Kürzlich erzählte mir der Pfarrer von Bürglen, Wendelin Bucheli, folgendes: «Nach dem Alpsegen, fragten mich die Älpler, ob ich auch eine Plangge segnen würde, die vom Steinschlag betroffen ist. Was ich auch tat, ich akzeptiere das magische Denken. Die magischen Rituale wurden schon vor dem Christentum praktiziert – wir geben innerhalb der katholischen Kirche diesen Ritualen eine christliche Bedeutung.»

 

Sagenwelt und Sagenthemen

Die Sagenwelt ist ein Spiegel der Volksfrömmigkeit. In diesen Geschichten und Erlebnissberichten vermischen sich der christliche Glaube mit magischen Vorstellungen und dem Naturglauben. Das Böse kämpft gegen das Gute. Der Teufel versucht die Menschen zu verführen, Arme Seelen hoffen auf Erlösung, Hexen zaubern Unwetter, Geister dringen in Häuser ein. Sagen bieten auch Anleitungen zur Abwehr: Mit Kreuzzeichen, Anrufung von Heiligen, Gebeten, Weihwasser, mit Zaubersprüchen, mit Palmzweigen oder Kreuzdorn kann der Mensch Böses abwehren und bannen. Neben der guten weissen Magie wird auch Schadenzauber, schwarze Magie praktiziert. Verwünschen, Verfluchen, Verhexen, Vernageln sind einige dieser Handlungen.

Ebenso geben Sagen Auskunft über den Verhaltenskodex, besonders in abgeschiedenen Gebieten, wie den Alpen. Die Sagen listen exakt auf, was Recht und Unrecht ist. Versetzen von Marchen, Vernachlässigung des Viehs, Gottloses Verhalten, Verschwendung oder Frevel werden bestraft. Das ES, die Naturgewalt zerstört fruchtbare Alpen. Der Tuntsch, eine von Älplern geschaffene Frauenpuppe, tötet Menschen und häutet sie. Eduard Renner schreibt in seinem Buch «Goldener Ring über Uri»: «Die echt magische Strafe endet mit der Vernichtung des Frevlers und hat dabei ihr Bewenden. Er ist hinweggetilgt aus dem Reiche der Lebendigen. Der Frevler wird in Fetzen zerrissen, vom Erdboden verschlungen, unter einer Steinlawine begraben, ohne dass man je eine Spur von ihm findet.»

Zurück
Zurück

Chlefeli und Heiliges Grab

Weiter
Weiter

Bio war ein rotes Tuch