Der Untergang der Seerose

Seit Herbst 2015 liegt die rund 50 auf 50 Meter grosse und 16 Meter hohe Eventplattform «Seerose» im Hafen der Arnold AG, Flüelen.

Gebaut wurde sie 2015 für das «Gästival», zur Feier von 200 Jahren Gastfreundschaft in der Zentralschweiz. Am 20. März 2018 hat die Urner Regierung nach einem langen Hin und Her entschieden, dass der 462 Tonnen schwere Stahlkoloss innert 30 Tagen aus dem Urnersee von entfernt werden muss. Besitzerin ist die Parkhotel Vitznau AG.

Seit dem 20. April sollte die «Seerose» Flüelen verlassen haben. Nichts ist passiert. Als hätte jemand eine riesige rosarote Tortenschachtel in den See geworfen, dominiert die Seerose das Seeufer von Flüelen. Der knallige rosa Anstrich ist inzwischen stark verblichen. Die Seeerose konnte zwar ihre riesigen «Blütenblätter» aus Stahl hydraulisch öffnen und schliessen. Assoziationen zur farbenprächtigen, zart duftenden Wasserpflanze, wie sie den französische Impressionisten Claude Monet zu seinen zauberhaften Seerosenbildern inspirierte, kamen nie auf. Die stählerne «Seerose» wirkte eher wie eine schwimmende Festung. Nun rostet sie auf absehbare Zeit weiter vor sich hin und dürfte für rund 100'000 Franken verschrottet werden.

Für die «100 Mitmachprojekte», in erster Linie Werbung der Zentralschweizer Tourismusorganisationen, hätte es die «Seerose» nicht gebraucht. Der Tourismus macht vor Ort Werbung, Jodelchöre, Ländlerformationen und Schwingfeste gibts auch ohne «Seerose». Selbst die Konstruktion, mit acht sich schliessenden und öffnenden Stahlblättern, schützte weder vor Sonne (die Konstruktion wurde glühend heiss), Regen oder Sturm. Die «Seerose» war so wenig wasserdicht wie das gesamte Konzept.

Das Gesamt­budget des «Gästivals» belief sich auf 8,2 Millionen Franken, Bau und Betrieb der Plattform kosteten 4,5 Millionen Franken. Die Projektleitung, die Projektbegleitung und die Experten kosteten 1,478 Millionen Franken. Mit dem Geld der «Seerose», mitfinanziert aus NRP-Geldern, mit denen Bund und Kantone das Berggebiet und den ländlichen Raum in ihrer regionalwirtschaftlichen Entwicklung fördern, könnte beispielsweise die Notstrasse im lawinenbedrohten Meiental zur Hälfte finanziert werden.

Vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wurde die Seerose in den Kreis der «beispielhaften NRP-Projekte» aufgenommen. Im Schlussbericht schreiben die Organisatoren: «Und nicht zuletzt wurde die Seerose mit dem Verein MuTh (Nationales Zentrum für Jugend, Musik und Theater) in eine blühende Zukunft überführt, die auch den Tourismus in der Region Weggis-Vitznau-Rigi stärken wird.» Letzter Eintrag auf der Internetseite von MuTh: «Leider finden im 2017 keine Konzerte auf der ‹Seerose› statt.» Nachhaltigkeit gleich Null, 8,2 Millionen Franken lösen sich in nichts auf. Der nachhaltigste Event der «Seerose» ist deren Verschrottung.

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