Die wilden Butzis

Die Älperchilbi Stans ist eines der beliebtesten Volksfeste Nidwaldens und wird als kulturelle Bereicherung gewertet und geschätzt. Die Älperbruderschaft Stans zelebriert weder die Illusion der heilen Welt des Bauerntums, noch will sie ihre Chilbi als touristischen Event vermarkten. Sie ist ganz den Grund­sätzen der 1778 gegründeten Älper­bruderschaft verpflichtet.

 

Fest zum Ende des Bauernjahres

Am 21. Oktober um 9 Uhr beginnt der Chilbisonntag mit dem Festgottesdienst. Angeführt vom Bannerherr mit der Bruderschaftsfahne ziehen 50 Älper mit ihren Älpermeitli und -frauen Hand in Hand in einer langen Reihe vom Hotel Engel zur Stanser Pfarrkirche. Die Frauen in Sonntagstracht mit Rosen- oder Garten­blumen-Stickereien, die Männer, schwarz gekleidet, mit Länderhut und Hirthemd.
Als Zeichen der Verbundenheit tragen alle zwei Rosmarinzweige: einer wird links auf das Trachtenkleid gesteckt, der andere Zweig wird in der Hand gehalten.

Flaschen mit Most, Äpfel, Birnen, Kartoffeln, Gemüse, Kürbisse, Nüsse, Dörrfrüchte und ein grosser Alpkäse sind auf den Chorstufen vor dem Altar kunstvoll zu einem farbenprächtigen Gesamtbild arrangiert. «Jodelcheerli», Festpredigt und Betruf sind weitere traditionelle Elemente der Chilbi-Messe.

 

Die wilden Butzis

Nach dem Gruppenbild, dem Apéro und dem Mittagessen, versammeln sich die Älperinnen und Älper um 14 Uhr nochmals zu
einer kurzen Erntedankfeier in der Stanser Pfarrkirche, um danach auf dem Dorfplatz den Älperchilbi-Umzug hautnah mitzuerleben.

Rund 3000 Menschen verfolgen den Festzug, bewundern die Sennten mit Kühen, Schafen und Lamas, sowie die zahlreichen Umzugswagen mit Ländlerformationen und allerlei fasnächtlich anmutendem Spektakel mit viel Schall und Rauch. Laut knatternd dreht der Vespa Club seine Runden, Motorsägen kreischen und auf einigen Umzugswagen werden haufenweise Tannenäste verbrannt.

Für Unsinn und Chaos sorgen zwei archetypische Naturgestalten, die Buzis. In ihren tannigen Kleidern und mit ihren unheimlichen Masken wirken sie bedrohlich und unberechenbar. Ab und zu schütten sie Süssigkeiten aus einer Brennte auf den Boden, auf die sich die Kinder wie ein Schwarm Vögel stürzen. Auf die herausfordernden «Butzi, Butzi-Rufe» der Kinder reagieren die beiden Wilden fuchsteufelswild. Furchteinflössende Laute ausstossend, rennen sie plötzlich los, packen ein Kind und tragen es ein Stück weit fort. Mit den «Grotzli», den Spitzen von Tannen, werden Mädchen im Gesicht gekitzelt.

Den Abschluss des Chibisonntags bilden die in Reimen vorgetragenen Älpersprüche, ein Jahresrückblick der Schildbürgereien auf der Alp und im Dorf. Währschafte Kost bieten auch die vielen Stände mit Chilbichrapfen, Bratchäs und Älplermagronen.

 

Ledig oder verheiratet?

An der Älperchilbi tragen Frauen die Sonntagstracht. Von Kopf bis Fuss – von den Schuhen, den Strümpfe, den Unterrock, den kostbaren Halstüchern (Geller) bis zum Haarschmuck – gibt es exakte Kleidervorschriften. Auffällig ist das Halsbätti, die Halskette der Frauen. Ein breites Bätti galt früher als Zeichen eines vermögenden Paares. Das Halsbätti besteht aus vier bis acht Reihe dunkelroter Granatsteine, vergoldeten Filigranperlen und aus fünf bis sechs silbervergoldete, rechteckige Filigranteilen. Bei der Frisur sind aufgesteckte Haare Vorschrift. Als Haarschmuck tragen die unverheirateten Frauen den Haarpfeil, die verheirateten das «Scheyfili», ein versilbertes Plättchen in Form von zwei Rauten.

Bei den Männern gibt das «Fazenettli», das Taschentuch, das Zeichen, ob der Mann ledig oder verheiratet ist. Trägt der Mann das rot gemusterte Tuch ganz in der Hosentasche, ist er verheiratet – hängt es aus der linken Hosentasche bedeutet dies – er ist ledig. Einziger Schmuck der schwarzen Männertracht ist die Stickerei auf dem Hirthämmli. Sie zeigt eine Lebenslinie mit den vier Jahreszeiten. Das Vergissmeinnicht steht für den Frühling, Edelweiss für den Sommer, Blätter für den Herbst und die Ähre für den Winter. Mit Silber- und Goldperlen sowie Pailletten werden Tautropfen dargestellt.

 

Ein «L» macht den Unterschied

Die Älper­bruderschaft besteht nicht nur aus Älplern und Bauern. Heute ist ein breites Spektrum der Bevölkerung in der Bruderschaft ist vertreten. Ein «L» macht den Unterschied zwischen «Älper» und «Älpler». «Älperinnen und Älper» stammen aus Berufen ausserhalb der Landwirtschaft. Ihnen wird die Ehre zuteil, bei der alljährlichen Älperchilbi ein Amt zu übernehmen, indem sie das Fest mitorganisieren und aktiv mitgestalten. Am Älperchilbi-Montag werden «Älperinnen und Älper» offiziell in die Älperbruderschaft Stans aufgenommen.

Am Chilbimontag-Morgen gedenkt die Älperbruderschaft an ihre verstorbenen Mitglieder. Das zweitägige Fest endet am Abend mit dem Älpertanz im Hotel Engel.

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