Ein Stern weist den Weg
Der Kirchenchor Meien feiert dieses Jahr sein dreissigjähriges Jubiläum. Bereits zum 14. Mal führen Kinder und Jugendliche unter der Regie des Kirchenchors ein Krippenspiel auf. Nicht nur die Einheimischen freuen sich auf das Meientaler Krippenspiel, sondern auch und eine zunehmend grössere Zahl von Auswärtigen.
Das Meiental tief verschneit, Sterne funkeln. Die Kirche, das Dörfchen, ein paar erleuchtete Fenster – dahinter die weissen Berge –
ein Bild wie aus einem Adventskalender. Im Mehrzweckgebäude proben seit 20 Uhr 14 Frauen und sechs Männer des «Offenen Kirchenchors Meien» die Lieder für das Krippenspiel «Wiänachtä verlorä»: «Ä Kenig ooni Chronä», «Uf em Fäld», «Hit isch dä Häiland geborä». Die Dirigentin Pia Baumann-De Moliner singt mit, kommentiert.
Der Kirchenchor verbindet Meientalerinnen im Tal mit Meientalern, die im Unterland oder ausserhalb des Kantons wohnen: im Chor singen Margrit Baumann-Jauch von Aderbogen, Bernadette Baumann aus Altdorf oder die Organistin Barbara Baumann, Wochenendaufenthalterin im Muotatal. Sie reist für jede Probe ins Meiental.
Die Organistin
Die Organistin gibt den Takt vor, schnippt mit den Fingern, treibt den Chor vorwärts.1999 hatte Barbara Baumann als 12-jährige ihren ersten Auftritt mit dem Chor in der Kirche. «‹Hört der Engel helle Lieder›, war mein erstes Lied, das ich damals auf der Orgel spielte», erzählt Barbara Baumann lachend. «2000 machte ich weiter und begleite seither den Chor beim Krippenspiel und anderen Auftritten. Nächstes Jahr bin ich schon 20 Jahre dabei. Pia Baumann wählt mit mir zusammen die Lieder aus. Da und dort schreibe ich eine zweite Stimme dazu.» Nach Allerheiligen beginnen die Proben, rund acht bis zehn, gerne hätte sie etwas mehr. «Es ist schön, wie alle mit Freude dabei sind. Mittlerweile kennt man unseren Chor. Die Lieder, begleitet vom E-Piano, klingen sehr erfrischend.»
Alle Chormitglieder erhalten je nach Stimmlage, Sopran, Alt, Tenor und Bass, die Lieder per Whatsapp von der Organistin Barbara Baumann auf ihr Natel geschickt. So kann auch zwischen den Proben daheim geübt werden. Anderthalb Stunden dauert die Probe, unterbrochen von einer kurzen Pause. Da wird viel geredet und gelacht.
Manchmal gibts für Barbara Baumann während den Proben Momente des Zweifels. Dann wird nochmals an Details gefeilt, einzelne Liedpassagen wiederholt. Sie will die Ziele, die sie sich mit dem Chor gesetzt hat, erreichen. «Der Aufwand lohnt sich. Die Konzentration an den Auftritten ist sehr hoch, der Chor steigert sich.»
Die Sängerin
«Mein Bruder René Baumann führt im Meiental einen Bauernbetrieb. Im Sommer sind bin ich mit meinem Mann und unserer Tochter oft am Wochenende bei ihm und helfen beim Heuen. Es gefällt uns hier, unsere Tochter die Natur erleben, etwas, das so in Altdorf nicht möglich ist. Hier ist das Leben einfacher. Auch die Weihnachtstage verbringen wir hier. Meine Tochter Elin hat am 26. Dezember Geburtstag», sagt Pia Walker-Baumann.
«Das Singen macht mir viel Freude. Ich kann, wie die meisten, nicht Notenlesen. Wir singen nach Gehör. Über den Chor bleibe ich mit dem Tal verbunden, ich begegne Menschen, die ich sonst nicht treffen würde. So kann ich den Kontakt zum Meiental aufrechthalten, weiss, was im Tal läuft. Mit dem Meiental verbinden mich viele Erinnerungen. Es ist noch heute mein Daheim, besonders zur Weihnachtszeit. In Altdorf ist für mich nicht Weihnachten – mir fehlen mir die Winternächte mit viel Schnee und die sternenklaren Nächte. Das Schönste ist eine volle Kirche am Krippenspiel und das Zusammensein nach der Messe in der Kaffeestube.»
Die Dirigentin
«In unserem Chor sind mit Dorli Baumann, ihrer Tochter Martha und dem Enkelkind Angela drei Generationen dabei. Drei Geschwister, Vater und Sohn, Mutter und Tochter singen mit. Das Familiäre ist typisch für unseren Chor», sagt Pia Baumann-De Moliner.
«Im Sommer pausiert der Chor. Die ersten Gesangsproben haben wir nach dem Schafmarkt, Mitte September. Wir proben für unsere Auftritte an der Chilbi und an Allerheiligen. Besonders intensive und viele Proben folgen für das Krippenspiel.»
Seit der Schliessung der Schule ist der Chor verantwortlich für die jährliche Aufführung des Krippenspiels. Den Text fürs Krippenspiel schreibt jedes Jahr Sarah Baumann, die Tochter der Dirigentin. Drei Frauen proben mit den Kindern. Für das diesjährige Weihnachtsspiel, «Wiänachtä verlorä», wird vor allem an den Wochenenden geprobt. Für die Meientaler Kinder und Jugendlichen,
die in Wassen und Gurtnellen die Schule besuchen, ist das Krippenspiel ein wichtiges gemeinsames Projekt. Es ist beeindruckend, wie authentisch und selbstbewusst die Kinder vor Publikum spielen. Die biblische Geschichte ist ihnen aus ihrem Alltag vertraut. Sie kennen die Arbeit der Hirten, haben Geburten von Kälbern und Lämmern miterlebt, sie helfen bei den Arbeiten im Stall und auf dem Land.
Nicht nur die Einheimischen freuen sich auf das Meientaler Krippenspiel, sondern auch und eine zunehmend grössere grössere Zahl von auswärtigen KirchgängerInnen.
Von Allerheiligen bis Pfingsten betreut der Kirchenchor nach den Messen die Kaffeestube im Mehrzweckgebäude. „Besonders freuen wir uns auf die Chorreisen: Wir waren zum Beispiel in Saas-Fee, in Gruyères, in Chamonix oder im Piemont“, sagt Pia Baumann-De Moliner.
Rückblende
Ältere Meientalerinnen und Meientaler wissen, dass während des Ersten Weltkriegs die Lehrerin Agatha Jörg die Gesamtschule in Meien führte. Sie spielte Harmonium und sang mit den Erwachsenen auf der Empore Kirchenlieder. Von 1937 bis zu seinem Wegzug 1971 leitete der Lehrer und Kirchenmusiker Josef Regli den Kirchenchor Meien. Danach übernahm Adolf Baumann bis zu seinem frühen Tod 1983 die Leitung. Beim ersten Auftritt an der Erstkommunion 1988 leiteten Pia Baumann-De Moliner und Ruth Niederberger den Chor. Bis zur Vereinsgründung 1994 organisierte die Chorleiterin Pia Baumann-De Moliner sämtliche Proben, Termine und Ausflüge.
1994 gabs in Meien viel zu feiern. Die Innenrenovation der Kirche, das 50-jährige Priesterjubiläum von Kaplan Bissig und der erste grosse Auftritt des Kirchenchors. Weitere Höhepunkte waren die Landrats-Präsidentinnen-Feier von Maria Baumann in Wassen, zusammen mit den Sängerinnen und Sängern von Wassen oder der Festgottesdienst von 1997 zum 90. Geburtstag von Kaplan Franz Bissig mit der Verleihung der Päpstlichen Verdienstmedaille (Bene Merenti) an die beiden Chormitglieder Agatha Aschwanden und Antoinette Walker. 2008 sang der Chor am Kirchengesangsfest in Schattdorf. 2009 fand die Delegiertenversammlung des kantonalen Cäcilienverbands in Meien statt. 2017 reduzierte der Chor die jährlichen Auftritte auf Ostern, Kilbi, Allerheiligen und Weihnachten. Einzigartig in Uri: Der Kirchenchor Meien führt 2018 bereits zum 14. Mal das Krippenspiel durch.
Präsidentinnen: Maria Baumann-Gisler: 1994–1996; Verena Walker-Epp: 1996–1999; Bernadette Baumann: 1999–2016; Margrit Baumann-Jauch, seit 2017. Chorleitung: Pia Baumann de Moliner, seit 1988. Organistin: Barbara Baumann, seit 1999; Text und Regie Krippenspiel: Sarah Baumann, seit 2008.
Krippenspiel Wiänachtä verlorä
Auch dieses Jahr führt der «Offene Kirchenchor Meien» die Tradition des Meientaler Krippenspiels fort.Sarah Baumann entwickelte wiederum eine überraschende, aktuelle Rahmenhandlung zur biblischen Weihnachtsgeschichte. Aufführungen: Samstag,
22. Dezember, 18 Uhr (ohne Gottesdienst), Dienstag, 25. Dezember, 19.30 Uhr (mit Gottesdienst). Verschiebedatum bei schlechtem Wetter: Samstag, 29. Dezember, 19.30 Uhr. Telefonische Auskunft bei unsicheren Wetterverhältnissen: 079 768 03 90.