Giornata agricola leventinese

Die rassegna dei formaggi leventinesi, das Käsefest der Leventina, beginnt mit einem Umzug im Zentrum von Ambri, beim Bahnhof. Die Via San Gottardo wird gesperrt, der Dirigent der «Filarmonica Alta Leventina» hebt den Taktstock und der Zug setzt sich in Richtung Fluplatz in Bewegung. Voran die Blasmusik, nachfolgend die Gruppo Campanacci di Menzingen, Kinder mit Ziegen, festlich geschmückten Kühen, den Schluss bilden Oldtimer-Traktoren. Es ist etwas los in Ambri – vom Ristorante Statione, beim Albergo Monte Pettine bis zum Dorfausgang stehen entlang der Hauptsrasse viele Menschen und geniessen den Umzug, die «Transhumance».

 

Begehrter Tessiner Alpkäse

Auf Aerodromo von Ambri wird der Zug begeistert empfangen. Vor dem Hangar Nr. 6 gibt die «Filarmonica Alta Leventina», vom Speaker angekündigt, ein Ständchen. Im Halbkreis vor dem Hangar, er dient als «Festzelt», stehen halbrund angeordnet 19 Käsestände, sie bilden das Zentrum des Käsfestes. Zahlreiche Alpkäsereien aus dem Gotthardgebiet, vom Bedrettotal, von Giornico oder von grössten Leventiner Alp, der Alp Piora, bieten eine grosse Auswahl an traditionellem Tessiner Alpkäse oder Ziegenkäse. Frisch und direkt vom Produzenten.

Dafür reisen Käseliebhaber­Innen aus Chiasso, Lugano, Mendrisio oder dem Bleniotal gerne nach Ambri. Das Fest ist ursprünglich und unkompliziert, es gibt genügend Parkplätze, kein Gedränge und die Preise für Alpkäse sind um einiges tiefer als in den trendigen Genussläden der Städte.

Im Hangar wird in drei riesigen Pfannen von der Gioventù Rurale Leventinese Polenta gekocht, dazu gibt’s Gorgonzala oder Mortadella. In einem Festzelt dampfen auf den Tellern Gnocchi mit selbstgemachtem Ragout oder Pestosauce. Weitere Attraktionen sind die Marktstände u. a. mit Tessiner Wurst- und Fleischspezialiäten und eine Ausstellung mit Pferden, Ziegen, Schafe, Esel, Hühner und Kaninchen. Verschiedene Leventiner Bauern zeigen ihre Kühe, neben Oldtimer-Traktoren stehen modernste Landmaschinen.

 

Stolz auf das Volksfest

Die Giornata agricola leventinese ist Markt, Treffpunkt, und Volksfest, ähnlich wie ein Alpkäsemarkt in der deutschen Schweiz und doch ein wenig anders. Anstatt Ländlermusik tönen aus den Lautsprechern Volkslieder, Bionda bella bionda, Bella Ciao, Tessiner Pop oder italienische Schnulzen, anstatt Alphorntrio oder Ländlerquartett spielt die Banda, anstelle von Schinken mit Kartoffelsalat, gibt’s Polenta mit luganighe – all dies ein Stück Tessiner Identität.

Rund 2000 Personen besuchen jeweils die Giornata agricola leventinese, die Guilio Mottini zum sechsten Mal in dieser Form organisiert hat: «Wir sind stolz auf unsere Alpen und unseren Käse. Es kommen fast so viele Leute, wie Fans von Ambri-Piotta zu einem Eishockeyspiel, falls Ambri in der Meisterschaft gut spielt und gewinnt.» «Der Anlass hat noch viel mehr Potenzial», sagt Fabrizio Barudoni von Tessin Tourismus. «Wir sind nahe an der Autobahn, haben den Flugplatz. Deutschschweizer kennen die Leventiner Alpen von Wanderungen, dieser Käsemarkt ist in der Deutschschweiz jedoch kaum bekannt.»

 

Es geht wieder aufwärts

Zwischen 1981 und 2016 ging die Bevölkerung in der Leventina stetig zurück, von 11'244 auf 9'335 Einwohner. «Jetzt geht es wieder aufwärts», freut sich Franco Pedrini, Bürgermeister von Airolo und schwärmt von drei Bauvorhaben: Die 59 Jahre alte Valascia, das Stadion des HC Ambri-Piotta, soll durch eine multifunktionale Arena ersetzt werden mit Restaurants, Shops, Büros und Konferenzsälen. Im Oktober 2018 ist Baubeginn.

In Airolo wird ab 2020 mit dem anfallenden Ausbruchsmaterial der Zweiten Gotthardröhre ein Teil der Autobahn zugedeckt. Der von Verkehrsachsen zerschnittene Talboden soll landschaftlich wiederhergestellt werden. 100 Millionen investieren der Kanton Tessin und das Astra, das Bundesamt für Strassen.

Auch das Kraftwerk Ritom wird für 250 Millionen erneuert und die Kapazität erhöht. «Das sind zukunftsgerichtete Projekte, die wieder Arbeit in die Leventina bringen, die jungen Familien Perspektiven bieten und das Tourismusangebot verbessern», sagt der Gemeindepräsident Pedrini und verabschiedet sich. Er muss weiter, er kennt das halbe Tessin.

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Pilze aus dem Stollen

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